Erfahrungsberichte

Mein Freiwilliges Ökologisches Jahr in der Biostation

von Paul Schmidt

Mir war schon länger klar, dass ich nach der Schule erstmal eine Auszeit haben wollte, ein Jahr Pause vom reinen Arbeiten mit dem Kopf und endlich mal Wissen praktisch anwenden sowie handwerklich, praktisch aktiv werden.
Die Stellenausschreibung der Biostation gefiel mir gut, weil es sich danach anhörte, dass man viel draußen unterwegs ist und praktisch arbeitet.
Diese Erwartungen wurden voll und ganz erfüllt.


Wir fingen pünktlich zum 1. August an und es standen zunächst einmal Mäh- und Mulcharbeiten an:
Die Biostation finanziert sich größtenteils durch die Prämien des Vertragsnaturschutzes. In diesem Rahmen werden die Flächen extensiv bewirtschaftet, das heißt sie werden zweimal jährlich zu bestimmten Terminen entweder gemulcht (dabei wird das Schnittgut soweit zerstückelt, dass die Überreste auf der Fläche liegen bleiben können, die Nährstoffe bleiben also auf der Fläche) oder gemäht und abgeräumt (im Prinzip die Ernte von Heu- oder Silo, das Schnittgut wird von der Fläche geräumt, dem Boden dadurch Nährstoffe entzogen, sodass besondere Magerwiesen entstehen). Die letztgenannte Tätigkeit ist deutlich anstrengender, besonders bei starker Hitze und/oder an steilen Hängen, und war dementsprechend unbeliebt bei uns FÖJlern, dafür sahen die Flächen hinterher meistens schöner aus als die gemulchten. Gemäht oder gemulcht wird entweder motormechanisch  mit Freischneidern und Einachsgeräten oder unsere Schafe übernehmen die Mulcharbeit für uns. In dem Fall müssen wir lediglich eine Spur für die Zäune vormähen und diese dann auf- und abbauen. Im Herbst ist Erntezeit auf den Streuobstwiesen: Apfelbäume werden geschüttelt was das Zeug hält, die Äpfel werden dann vom Boden aufgelesen, nachdem wir zunächst eine Kostprobe genossen. Dies war ein sehr bereicherndes Erlebnis: die alten Sorten schmecken deutlich besser als die Zuchtsorten aus dem Supermarkt! Das Nahrungsangebot für uns wurde zudem noch durch leckere Kuchen und wahlweise frischen Kaffee oder Kakao ergänzt.
Die gesammelten Äpfel werden dann in Säcke und Container gefüllt und zu köstlichem, stationseigenen Apfelsaft verarbeitet. Ergänzend gibt es noch öffentliche Annahmen, bei denen stolze Gartenbesitzer die von ihnen gesammelten Äpfel gegen Apfelsaft eintauschen können. Auch hier halfen wir – das kann dann auch schon mal am Wochenende sein, dafür kann man sich dann im Ausgleich mal unter der Woche frei nehmen. Nach zwei Wochen auf dem Boden knien und Äpfel kosten ist die Ernte schon vorbei, dann hat man jedoch auch erstmal genug von dieser Kernfrucht und freut sich darauf, dass mit dem Winter neue Arbeit naht.


Im Winter brüten keine Vögel, daher stehen dann die Rodungs- und Entbuschungsarbeiten an: Fast alle Flächen werden von Wald oder Gebüsch begrenzt, die Prämien richten sich aber nach der vorhandenen Grünfläche. Deswegen müssen wir darauf achten, dass die Flächen nicht mit der Zeit kleiner und kleiner werden. Also: Freischneider an und die Brombeergebüsche niederdengeln. Zusätzlich besuchten wir einen zweitägigen „Kettensägen-lehrgang“, sodass wir auch Baumfällungen durchführen konnten, was besonders spannend und immer wieder ein tolles Erlebnis war. Das anfallende Brennholz wurde dann Ofengerecht zugeschnitten und im stationseigenen Kamin verfeuert (dessen Feuer von uns jeden Morgen erstmal entfacht wurde) und dessen wohlige Wärme nach einem Tag draußen Wunder wirkte.
Außerdem mussten im Winter weiterhin die Schafe versorgt werden. Diese standen nun im Stall den wir mit Stroh einstreuten und in dem wir die Tiere fütterten. Hatte wir dann noch Zeit wurden Zäune demontiert um neu erworbene Nachbarflächen zusammenzuschließen.


Der Winter neigte sich seinem Ende zu und ging ins Frühjahr über und nun standen wieder neue Arbeiten an: wir durften „Feuerteufel“ spielen und (mit Genehmigung durch die Stadt) die, im Winter angefallenen, Berge aus Ästen anzünden und vernichten. Das klingt sehr spaßig, was das Entfachen der Feuer auch durchaus war, aber stundenlanges Äste Schleppen ist dann doch kein Zuckerschlecken. Und danach musste einer von uns FÖJlern oder ein anderer Mitarbeiter solange die Brandwache übernehmen, bis das Feuer ganz heruntergebrannt war. Ein Vorteil hatte es jedoch: man hatte sein Grillfeuer gleich parat, sodass zumindest manchmal doch Marshmallows geschleckt werden konnten (oder bevorzugt: Würstchen gegrillt). Nun mussten wir uns auch wieder um die Apfelbäume kümmern: will man im Herbst gut ernten muss man die Bäume pflegen, das heißt zu Recht schneiden und frühzeitig für Ersatz sorgen, falls Bäume sterben. Zudem mussten schafstabile Dreiböcke zum Schutz der Jungbäume vor der Langeweile der Schafe, auf einer Fläche sogar massive Vierböcke zum Schutz vor Kühen, um die Bäume gebaut werden.


Mit Beginn des Sommers schloss sich allmählich wieder der Jahreskreis und die ersten Flächen standen erneut zur Beweidung oder zum Schneiden an.
Zwischendrin ist der Arbeitsalltag immer einmal wieder auch durch die einwöchigen Seminare des LVRs aufgelockert (immer wieder an anderen Orten), die immer unter einem bestimmten Oberthema (zum Beispiel „Wald“ oder „Globalisierung“) standen und von uns in Kleingruppen zusammen mit unseren super Teamern gestaltet wurden. Im Fokus stand aber vor Allem der Austausch mit anderen FÖJlern und deren Erfahrungen. Die Themen fand ich alle sehr interessant und besonders durch die Teamer sehr gut und methodisch äußerst vielfältig aufgebaut, jedoch hätte ich mir teilweise noch eine weitergehnede Vertiefung der Inhalte gewünscht. Das Jahr in der Biostation sehr viel Spaß gemacht es herrschte stets eine familiäre Atmosphäre, es gab immer ein offenes Ohr für Fragen, Bitten, Probleme oder einfach so zum Unterhalten. Man hat gemerkt, dass unsere Arbeit wichtig ist für die Station und sie auch durch die Anderen Mitarbeiter wertgeschätzt wurde. Ich habe eine Menge gelernt, weniger für den Kopf, sondern, wie ich es auch erwartet hatte, sehr viel Praktisches und Handwerkliches. Neben den oben genannten Arbeiten standen nämlich immer wieder noch andere an, sei es die Pflege der Kettensäge, Reparatur eines der Arbeitsgeräte oder der Bau eines Unterstands für die Schafe. Hinzu kam, dass wir, da die Flächen sehr verteilt im Rhein-Sieg-Kreis liegen, viel im Auto unterwegs waren, was teilweise anstrengend war, aber dazu führte, dass ich enorm viel Fahrpraxis sammeln konnte. (Und Fahrten durch den Wald sind das beste und spaßigste Fahrsicherheits- und Autosurvivaltraining!).


Durch das Jahr hat sich mein Verständnis für die Natur verändert und erweitert, ich nehme sie bewusster war und sehe auch, welche Arbeit in der Erhaltung der landschaftsprägenden Kulturlandschaft um uns herum steckt und durch welche Maßnahmen was erreicht werden kann.


Ich glaube, dass ich mich auch persönlich weiterentwickelt habe. Wir mussten zum Teil unsere Arbeitsabläufe selber planen (vor allem: was wir an Material oder Gerätschaften benötigen) und die Arbeiten dann eigenverantwortlich durchführen. Außerdem habe ich gelernt, was es heißt acht Stunden am Tag körperlich zu arbeiten (und wie wichtig dabei eine gut gefüllte, große Brotdose ist).

Zusammenfassend kann ich sagen: Das Jahr hat sich gelohnt! Und vielen Dank an all die Menschen die es mir ermöglicht haben.